

Der platonische Mensch
Körpernormen
Alles in Kürze Würze
Im Langen liegt das Verlangen.
TECHNIK
Für die Skulptur „Der platonische Mensch“ wurde lufttrocknender Ton verwendet, ein vielseitiges Material, das ohne Brennofen aushärtet. Diese Eigenschaft ermöglichte ein freies, unmittelbares Arbeiten und eine flexible Bearbeitung in mehreren Etappen.
Der Ton wurde in groben Formen aufgebaut und anschließend durch manuelles Modellieren mit den Händen sowie einfachen Werkzeugen weiterverfeinert. Der lufttrocknende Ton erlaubt sichtbare Spuren des Arbeitsprozesses – wie Fingerabdrücke, kleine Risse oder unregelmäßige Oberflächen – was dem Werk eine rohe, organische Ästhetik verleiht. Nach dem vollständigen Trocknungsprozess wurde die Oberfläche geglättet, aber bewusst nicht komplett perfektioniert, um den handwerklichen Charakter zu bewahren.
Diese Technik unterstützt das Konzept der Skulptur: ein Zwischenzustand zwischen Idee und Körperlichkeit, zwischen Idealform und Natur.
DRAMATURGIE
Die Skulptur „Der platonische Mensch“ setzt sich kritisch mit der Idee des idealisierten menschlichen Körpers auseinander. Inspiriert von Platons Vorstellung eines perfekten, metaphysischen Urbilds stellt die Figur eine surreale, abstrahierte Version des Menschen dar – eine Verschmelzung von Weiblichkeit, Animalität und Formverfremdung.
Der Oberkörper erinnert an eine überbetonte Darstellung weiblicher Formen, während die Beine in vogelähnlichen Füßen enden, was das Werk ins Groteske kippen lässt. Der Kopf fehlt bewusst – das Individuum wird anonymisiert, das Denken ausgeklammert, zugunsten eines rein körperlichen, beinahe archaischen Ausdrucks.
Die Arbeit stellt Fragen nach Körpernormen, Identität und dem Spannungsfeld zwischen Natur und Kultur. Die plastische Umsetzung in Ton erlaubt ein unmittelbares, haptisches Arbeiten, das die sinnliche und rohe Qualität der Figur betont. Unregelmäßigkeiten, Risse und Fingerabdrücke bleiben sichtbar und machen den Prozess der Formgebung selbst zum Teil der Aussage: Der „platonische Mensch“ ist kein Ideal – sondern eine kritische Reflexion über das Streben danach.