

DIVANEPHI
Das Feuer
Alles in Kürze Würze


Bei diesem Werk habe ich gelernt, wie spannend es sein kann, verschiedene Stilelemente miteinander zu kombinieren – zum Beispiel realistische Körperformen mit ornamentalen, fast grafischen Haarstrukturen. Ich habe verstanden, dass es in der Kunst nicht immer um perfekte Gleichheit oder Symmetrie geht. Gerade das bewusste Brechen von Einheit und Wiederholung kann einer Figur Charakter und Ausdruck verleihen. Dadurch ist „Divanephi“ für mich auch ein Experiment in Freiheit und Stilbruch geworden.
Im Langen liegt das Verlangen.
TECHNIK
„Divanephi“ ist eine surreal anmutende Figurendarstellung, geschaffen mit Ölfarbe auf Leinwand. Die hybride Gestalt – halb Tier, halb Mensch – schwebt leichtfüssig durch einen weissen Bildraum, der ihr eine fast träumerische Schwerelosigkeit verleiht. In ihrer Hand hält sie mit einem schelmischen Lächeln eine Schale mit Ramen, während sie sich mit dramatisch geschwungenem Haar und expressivem Blick direkt an das Publikum wendet.
Die Maltechnik verbindet klassische Körpermodellierung mit ornamental-abstrakten Elementen: Während der Körper weich und plastisch gemalt ist, erinnern die feingliedrigen Locken an Jugendstilornamente und verleihen dem Werk eine grafische Spannung. Die Farbwahl ist bewusst kontrastreich, mit einem Fokus auf warme Rotbrauntöne im Haar und kühlen Grünnuancen in der Kleidung. Durch die Ölfarbe entfaltet das Bild eine tiefe Leuchtkraft und haptische Qualität.
DRAMATURGIE
Der Ursprung dieses Bildes liegt in einem Traum. Ich sah eine schwarze Kugel, ruhig treibend auf der Oberfläche eines Sumpfgewässers. In ihrer makellosen, undurchdringlichen Rundung schien sie etwas Absolutes zu verkörpern – etwas, das sich dem Zugriff entzieht und dennoch anzieht. Wie ein Rätsel aus dem Innern.
Dann begannen sich parallele Linien unter der Wasseroberfläche zu bewegen, erst kaum merklich. Sie formten allmählich den Ansatz eines Schlangenkörpers – geschmeidig, flach, gleitend. In der Mitte der Komposition stand unverrückbar eine weiblich wirkende Figur. Starr, schön, fast überirdisch – wie eine Ikone. Ich wollte mich ihr nähern. Doch im selben Moment offenbarte sich das eigentliche Wesen dieser Szene: Aus dem Sumpf erhob sich ein gewaltiges Maul. Ein Gebiss, das alles verschlingen konnte. Die ganze Inszenierung – Kugel, Linien, Schönheit – entpuppte sich als Lockmittel. Als Falle. Wie beim Anglerfisch, der seine Beute mit einem leuchtenden Köder anzieht.
Diese Arbeit ist meine persönliche Interpretation von Gier.
Nicht als lautes Verlangen, sondern als stille Bewegung. Gier zeigt sich hier als Illusion, als Bild der Perfektion, das sich über unsere tiefsten Triebe legt. Sie lockt mit Schönheit, mit Ruhe, mit Form – aber hinter der Oberfläche lauert etwas ganz anderes. Eine destruktive Kraft, die genau davon lebt, dass wir sie nicht erkennen wollen.
In meiner künstlerischen Arbeit entwickle ich ein eigenes ikonografisches Vokabular, das aus Träumen, Affekten und archetypischen Bildern gespeist wird. Jedes Werk entsteht aus einem inneren Impuls heraus – oft unbewusst, oft körperlich spürbar – und wird dann in einer visuell verdichteten Sprache umgesetzt. Ich arbeite mit Symbolen, die nicht aus der Theorie stammen, sondern aus dem Erleben.
Die schwarze Kugel ist für mich ein Symbol des Ursprungs – aber auch der Täuschung.
Der Sumpf steht für das Unbewusste, das Unergründliche.
Die Schlange verkörpert Verwandlung und List.
Die weibliche Gestalt ist Projektion und Versprechen zugleich.
Und das Gebiss – schliesslich – ist der Moment der Erkenntnis. Brutal, endgültig.
Dieses Werk ist der erste Eintrag in meinem persönlichen ikonografischen Katalog – ein sich fortlaufend entwickelndes System, das meinen inneren Bildern eine visuelle Ordnung gibt. Es ist ein Versuch, das Unsichtbare sichtbar zu machen. Und das Allzu Menschliche in Formen zu fassen.